Maria hat in diesem Jahr ein Praktikum im Ausland - genauer gesagt in Ägypten - absolviert. In Ihrem Praktikum “Unicorns Project, International Relations” konnte sich die Staatswissenschaftsstudentin (Schwerpunkt Politik und VWL) fachliches Wissen aneignen und Teil eines liebevollen Teams werden. Trotz Corona hat sie dank ihrer Mitbewohner/innen eine zweite Familie gefunden - aber lest selbst nach:
Am 6. März 2020 ging mein Abenteuer in der Hauptstadt Ägyptens los. Sowohl durch das AIESEC Komitee aus Passau als auch durch das Komitee der Ain Shams University in Kairo verlief Vorbereitung und Ankunft reibungslos.
Obwohl ich bei dem Vorbereitungsseminar vor der Abreise vor einem möglichen Kulturschock gewarnt und vorbereitet wurde, konnte ich mir nicht vorstellen, wirklich solch einen zu durchlaufen.
Doch schon in den ersten Tagen in der neuen Umgebung traf mich dieser Kulturschock mit kompletter Härte. Es ist schwierig genug, sich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden, aber Ägypten schien eine ganz neue Herausforderung zu sein. Nicht nur die fremde Sprache, sondern auch der immense Verkehr, das ungewohnte Essen, die Hygienestandards und die Vorurteile über die Kultur machten mir in den ersten zwei Tagen sehr zu schaffen.
Aber durch die Bemühungen der AIESEC Gruppe in Kairo und meiner internationalen Hostelmitbewohner/innen lebte ich mich schließlich ein. Es war okay, auch mal Schwäche zu zeigen und jemanden um Hilfe zu bitten. Jeder war sehr verständnisvoll und hatte immer wärmende Worte bereit.
Die AIESEC-Mitglieder der Ain Shams University sind die herzlichsten, hilfsbereitesten und auch verrücktesten Menschen, die ich kenne, und in kurzer Zeit wird man in eine lebhafte Gruppe integriert.
Mein Praktikum absolvierte ich in der Alzayat Law Firm, die sich mit internationalem Recht befasst. Meine Aufgabe sollten hierbei die "international relations" sein. Da ich wenig Vorkenntnisse über Recht besitze, gaben mir meine netten Kollegen und Kolleginnen einen Crash-Kurs über Rechtsrecherche, sodass ich innerhalb kürzester Zeit online Recherchen über Rechtsfälle und Regelungen durchführen konnte. Meine Kollegen und Kolleginnen integrierten mich in jeden Fall und halfen mir jederzeit, wenn ich Fragen hatte.
Zusätzlich durfte ich oft als Übersetzerin agieren, wenn französische oder deutsche Gesetze benötigt wurden, und durfte sogar eine E-Mail an die französische Botschaft verfassen.
Obwohl ich also eher wenig Erfahrung mit Recht habe, wurde ich durch meine Kollegen und Kolleginnen gut eingebunden und konnte mich schon nach kurzer Zeit nützlich machen.
Aus diesem Grund habe ich das Praktikum sehr genossen, nicht nur durch die lockere und freundliche Atmosphäre in der Kanzlei, sondern auch, weil ich neue Kenntnisse gewinnen konnte und interessante Aufgaben zugeteilt bekommen habe.
Natürlich dürfen bei meinem Bericht auch nicht die ganzen Unternehmungen fehlen, die die Reise für mich unvergesslich gemacht haben. Die AIESEC Mitglieder von Ain Shams haben uns (mich und meine Hostelmitbewohner/innen) durch Kairo in wunderschöne Cafés geführt, um mit uns typische ägyptische Abende zu verbringen.
An anderen Tagen, z.B. als ein Sandsturm und Unwetter über Kairo herzog, verbrachten wir die Abende im Hostel, spielten lustige Kartenspiele oder sahen uns Filme an. Die internationalen Reisenden aus Indien, Mosambik, Brasilien, Bolivien, Rumänien, Algerien und viele mehr sind mir sehr schnell ans Herz gewachsen und wurden innerhalb kürzester Zeit wie eine Familie für mich.
Leider schwebte über dem Auslandsaufenthalt auch ein unvermeidlicher Schatten - Corona. Obwohl in Ägypten das Virus noch nicht so stark verbreitet war und die Aufregung deshalb eher gering war, hörten wir durch die Nachrichten von der schnellen Ausbreitung des Virus.
Schon wenige Tage darauf bekam ich von AIESEC aus Deutschland die Nachricht, so schnell wie möglich alles zu packen und nach Deutschland zurückzufliegen. Ich buchte sofort meinen Rückflug, der in zwei Tagen stattfinden sollte.
Bis dahin hieß es: Jede Sekunde in Kairo zählen lassen. Und das taten wir.
Wir feierten meinen Geburtstag im Hostel mit Kuchen, den meine Mitbewohner/innen extra noch organisiert haben, und fuhren am nächsten Morgen nach Gizeh, um uns die Pyramiden bei einem Pferde- & Kamelritt anzusehen. Aufgrund des Virus war der Bereich um die Pyramiden so gut wie menschenleer, sodass wir diese Erfahrung ohne riesigen Touristengruppen machen konnten und die Bauten in ihrer ganzen Größe und Bedeutung in uns aufnehmen konnten.
Am letzten Abend fuhren wir noch auf einen Aussichtspunkt auf einem Hügel um Kairo, von wo aus man auf die ganze Stadt blicken kann. Dies war der passende Abschluss des Abenteuers, das ich niemals vergessen werde und welches mit Freuden- und Abschiedstränen beendet wurde.
Im Leben kommt es weniger auf Luxus, funktionierende Aufzüge und stets Kontrolle über jegliche Situation an: Das Wichtigste sind treue Freunde und Zusammenhalt.
Mithilfe von Freunden und hilfsbereiten Menschen ist man jeglicher Herausforderung gewachsen und nimmt gerne auch unsaubere Hostels, verrückte Fahrweisen und die Treppen bis in den 8. Stock in Kauf, wenn man dafür eine unvergessliche Zeit mit einzigartigen Menschen verbringen darf.
Das Auslandspraktikum hat mir gezeigt, dass es okay ist, Schwäche zu zeigen, auch mal um Hilfe bitten zu müssen und vielleicht auch nicht jegliche Situation unter Kontrolle zu haben. Stattdessen habe ich gelernt, anderen Menschen zu vertrauen und meine Gedanken und Sorgen mit ihnen zu teilen.
Man muss nicht alles alleine im Leben schaffen, sondern kann im Team arbeiten und sich gegenseitig helfen. Und wenn man erstmal ein Teil eines so herzlichen Teams ist, dann scheinen die Probleme, die man vorher als unüberwindbar empfunden hat, plötzlich nur noch als kleine Hürde. Mit den richtigen Menschen an seiner Seite kann man alles überwinden, egal ob Kulturschocks, die ein oder andere leichte Lebensmittelvergiftung oder auch das Corona-Virus.
Ich empfehle jedem ein Praktikum über AIESEC, einfach um vorhandene Vorurteile abzubauen, Verständnis für andere Kulturen zu schaffen und jeden Menschen in seiner Einzigartigkeit akzeptieren zu können.
Als ich nach Ägypten flog, hatte ich immense Vorurteile über das fremde Land, die man in unserer Gesellschaft vermittelt bekommt. Diese Vorurteile waren tatsächlich so stark, dass ich mich in den ersten zwei Tagen kaum aus dem Hostel getraut hatte, da ich ja angeblich "als junge Frau in einem muslimisch geprägten Land kaum Rechte habe und in Gefahr bin".
Sobald man sich aber auf die Erfahrung einlässt, bemerkt man eigentlich erst, wie sehr uns Vorurteile negativ beeinflussen und uns beinahe um solch kostbare Erlebnisse bringen.
Erst als ich wirklich in Kontakt mit der ägyptischen Kultur gekommen bin, wurde mir bewusst, wie stark wir mit falschen Ideen über fremde Länder belastet sind und wie wenig Wahrheitsgehalt in diesen Vorurteilen steckt. Selbst wenn man aufgrund unterschiedlicher Kulturen in etwas verwirrende und ungewohnte Situationen kommt, dann kann man mithilfe von offenen Gesprächen die Meinungen, Erfahrungen und verschiedenen Gegebenheiten verstehen und gewinnt ganz neue Erkenntnisse.
Ich bin AIESEC und dem DAAD, der mir großzügigerweise den Flug nach Kairo finanziert hat, unheimlich dankbar für die Ermöglichung dieses einzigartigen Erlebnisses.
Diese Reise nach Ägypten ist mit vielen unvergesslichen Momenten verbunden und hat mir nicht nur dabei geholfen, mich selbst weiterzuentwickeln, sondern hat mir das Kennenlernen von interessanten und internationalen Menschen ermöglicht, die für mich inzwischen wie eine zweite Familie sind und die immer einen Platz in meinem Herz haben werden.
Aus diesem Grund ein großes Dankeschön an AIESEC und dem DAAD für die außergewöhnlichen Erinnerungen und diese einzigartige Chance!